
Ertragswertverfahren bei Immobilien
Das Ertragswertverfahren dient zur Berechnung der möglichen Einnahmen aus Verpachtung oder Vermietung einer Immobilie oder eines Grundstücks. Aus dieser Berechnung des Ertrags leitet sich der Verkehrswert der Immobilie ab ( auch Marktwert genannt).
Das können Gewerbeimmobilien aber auch Wohnimmobilien für Privatleute sein. Ziel des Eigentümers ist es, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.
Der reine Wert der Immobilie ist dabei nicht ausschlaggebend. Auch die Bausubstanz des Gebäudes findet hier nur bedingt Beteiligung. Maßgeblich sind die ortsüblichen Mieten für vergleichbare Objekte.
Wann kommt das Ertragswertverfahren zum Einsatz?
Das Ertragswertverfahren wird angewendet, wenn ein Gebäude oder ein Grundstück vermietet bzw. verpachtet werden soll. So kann der mögliche Ertrag, der mit dem Objekt erwirtschaftet werden kann, errechnet werden. Das ist für den Käufer bzw. Eigentümer einer Mietimmobilie von größter Bedeutung. Da solche Investitionen meist als Kapitalanlage gesehen werden.
Insgesamt gibt es drei Verfahren, mit denen der Marktwert (oder auch Verkehrswert) der Immobilie bestimmt werden kann. Neben dem Ertragswertfahren gibt es noch das:
Vergleichswertverfahren:
- Kommt meist zum Einsatz bei Grundstücken und privat genutztem Eigentum wie Eigentumswohnung oder Einfamilienhaus
- Zur Wertermittlung werden beim direkten Vergleichsverfahren vergleichbare Objekte aus der Umgebung sowie Marktberichte von Immobiliengutachtern herangezogen. Dabei sind die jeweiligen Verkaufspreise und die Vergleichbarkeit der Immobilien ausschlaggebend.
- Liegen keine aktuellen Vergleichspreise vor, findet das indirekte Vergleichsverfahren Anwendung. Dabei wird der Wert anhand des Endpreises verkaufter Objekte in der Vergangenheit ermittelt
Sachwertverfahren:
Kommt seltener zum Einsatz als das Ertragswertverfahren
- Bildet den Gesamtwert aus Gebäudewert und Bodenwert. Der Gebäudewert errechnet sich aus den Baukosten des Gebäudes plus Außenanlagen sowie Abzügen durch altersbedingte Wertminderung und eventuelle Gebäudeschäden. Der Bodenwert wird ermittelt durch die Formel: Bodenrichtwert x Grundstücksfläche

Die rechtlichen Grundlagen des Ertragswertverfahrens
Die rechtlichen Grundlagen des Ertragswertverfahrens sind in den Paragrafen §17 bis §20 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) festgeschrieben.
- 17 ImmoWertV sagt aus, dass die Ermittlung der Rendite des Ertragswertverfahrens mit Daten marktüblicher Renditen zu berechnen ist. Das bedeutet, dass für die Errechnung nicht unbedingt die realen Mieterträge verwendet werden müssen. Diese können sich von der marktüblichen Miethöhe unterscheiden. Leerstände von Wohneinheiten finden keine Berücksichtigung.
- 18 ImmoWertV legt fest, dass der Rohertrag einer Immobilie abzüglich der Betriebskosten den Reingewinn ergibt. Der Reingewinn wird durch die marktüblichen Renditen bestimmt.
- 19 ImmoWertV regelt, welche Ausgaben zu den Betriebskosten gerechnet werden. Alle auf den Mieter umlegbaren Kosten fallen aus der Berechnung aus.
- 20 ImmoWertV bestimmt, dass der jeweilige Liegenschaftszins sowie die Restnutzungsdauer der Immobilie wichtige Barwertfaktoren sind, die bei der Abzinsung und Kapitalisierung berücksichtigt werden müssen.

Kann man das Ertragswertverfahren selbst durchführen?
Da das Ertragswertverfahren in seiner Anwendung sehr komplex ist und ein gewisses immobilienspezifisches Fachwissen benötigt, empfiehlt es sich für Laien nicht. So können schnell Fehler passieren, die den ermittelten Wert verfälschen.
Die Beauftragung eines professionellen Gutachters führt zu einem genauen, zuverlässigen und amtlich anerkannten Ergebnis. Damit können Sie die Rentabilität eines Grundstücks oder einer Immobilie sicher beurteilen.
In der Regel wird das Ertragswertgutachten nur bei vollwertigen und kostenintensiven Wertgutachten von Grundstücken oder Immobilien eingesetzt.
Das vereinfachte Ertragswertverfahren
Für die Ermittlung des Ertragswertes werden einige Faktoren benötigt, die es zu ermitteln gilt:
Rohertrag
Der wichtigste Ausgangswert ist die Nettokaltmiete, diese stellt den Rohertrag bei Immobilien dar.
Der Rohertrag ist die Summe aller Einnahmen, die durch das Grundstück bzw. die Immobilie erwirtschaftet werden. Im Rohertrag sind die Bewirtschaftungskosten nicht enthalten, da diese in der Regel voll auf den Mieter umgelegt werden.
Bewirtschaftungskosten
Unter die Bewirtschaftungskosten fallen Instandhaltung, Verwaltung und Abschreibungen. Diese werden dann vom Rohertrag unter Anwendung der Formel abgezogen.
Liegenschaftszins
Ebenso entscheidend für die Berechnung durch das Ertragswertverfahren ist der Liegenschaftszins. Dieser ist ein Durchschnittswert des umgebenden Immobilienmarkts. In Abhängigkeit von diesem erhöht sich der Marktwert bzw. Verkehrswert der Immobilie.
Bodenwert
Beim vereinfachten Ertragswertverfahren ist der Bodenwert der entscheidende Faktor. Durch eine Umstellung der Formel wird dieser Wert nur noch einmal benötigt, daher vereinfachtes Ertragswertverfahren.
Der Bodenwert wird durch folgende Formel berechnet: Bodenrichtwert x Grundstückfläche
Der Bodenrichtwert wird anhand von Bodenrichtwertkarten ermittelt. Diese werden regelmäßig durch Immobiliengutachter der jeweiligen Stadt erstellt.
Rentenbarwertfaktor
Als letzten Punkt folgt der Rentenbarwertfaktor, auch Vervielfältiger (V) genannt. Dieser Wert muss anhand der geplanten Restnutzungsdauer und des Liegenschaftszinses berechnet werden.
Für die Berechnung des Rentenbarwertfaktors V wird folgende Formel verwendet:
V = ((i+1)n∗i)/((i+1)n−1)
i = Liegenschaftszins | n = Nutzungsdauer
Aus diesen Werten wird die Formel des vereinfachten Ertragswertverfahrens gebildet.

Formel des vereinfachten Ertragswertverfahrens
EW = (RoE – BWK) * V + BW / qn
EW = Ertragswert
RoE = Rohertrag
BWK = Bewirtschaftungskosten
V = Rentenbarwertfaktor
BW = Bodenwert
q = Liegenschaftszins
Durch Verwendung dieser Formel erhält man den Ertragswert des Grundstücks bzw. der Immobilie. Damit sich der Kauf für den Interessenten auch lohnt, muss der Kaufpreis unter diese Summe fallen. Aus Sicht des Verkäufers sollte die Summe mindestens diesem Betrag entsprechen.

Den Ertragswert berechnen mit dem Ertragswertverfahren – Ein Beispiel
Um die Berechnung durch das Ertragswertverfahren zu veranschaulichen, haben wir folgendes Beispiel gewählt:
Grundstücksgröße: 1.000 m²
Bodenrichtwert pro Quadratmeter: 80 € / m²
Bodenwert: 80.000 € Grundstücksgröße x Bodenrichtwert
Rohertrag: 30.000 € marktübliche Miete pro Jahr
Bewirtschaftungskosten: 5.000 € Hausverwaltung, Abschreibung, Instandhaltung
= Reinertrag des Grundstücks: 25.000 €
Bodenwertverzinsung: 2.400 € Bodenwert x Liegenschaftszins (3 %)
= Gebäudereinertrag: 23.600 €
Vervielfältiger: x 19,6 Restnutzungsdauer 30 Jahre
= Gebäudeertragswert: 462.560 €
Vorläufiger Ertragswert: 542.560 € + Bodenwert
Wertbeeinflussende Faktoren: 20.000 € Schäden am Gebäude, etc.
= Ertragswert (Verkehrswert): 522.560 €
Vorteile und Nachteile – Ertragswertverfahren
Durch das Ertragswertverfahren kann der Wert einer Immobilie oder eines Grundstücks besser eingeschätzt werden, zudem werden zukünftige Einnahmen bei der Wertberechnung beachtet.
Allerdings sind die zukünftigen Einnahmen nur geschätzt und können durch Wertschwankungen in der Realität teilweise stark von der ursprünglichen Prognose abweichen.
Fazit: Ertragswertverfahren
Beim Ertragswertverfahren wird die Immobilie bzw. das Grundstück als Kapitalanlage betrachtet, so kann die Rentabilität der Investition ermittelt werden. Das Verfahren ist in seiner korrekten Anwendung anspruchsvoll und fordert eine hohe Kenntnis des örtlichen Immobilienmarktes.
Aufgrund seiner Komplexität und den damit verbundenen Kosten wird das Ertragswertverfahren meist nur bei Wertgutachten von Immobilien oder Grundstücken eingesetzt.
Es ist aber auch möglich, den voraussichtlich erzielbaren Preis am Immobilienmarkt anhand von Nettokaltmiete, Lage und Zustand der Gebäude annähernd einzuschätzen. Allerdings sind auch hierfür immobilienspezifische Kenntnisse hilfreich.
Gerne stehen wir Ihnen dabei zur Verfügung.